Nara

Nara

Ihr Lieben,
wir haben traurige Nachrichten: Gestern mussten wir unsere Nara gehen lassen. Wir sind vollkommen fassungslos und traurig, und gleichzeitig dankbar, dass es so schnell ging. Sie war noch um zwölf mit Kai eine dreiviertel Stunde spazieren, hat ihren Napf gelehrt, sich meine Wolldecke geklaut und draufgepieselt, und ist dann zusammengebrochen. Als der Tierarzt kam, zeigte sie schon so gut wie keine Vitalreaktionen mehr.
Es ist so unvorstellbar, dass sie nicht mehr da ist, nach elf gemeinsamen Jahren. Etwas verkrampft versuchen wir, an die vielen schönen und lustigen Momente zu denken. Z.B. als sie Weihnachten kurz vor der Bescherung mein Portemonnaie klaute und genüsslich einen fünzig Euroschein schredderte. Oder die Erkenntnis, dass sie genug Luft zum Atmen hat, auch wenn sie 10 Stunden kopfüber mit mir zusammen in einem Schlafsack in einer eiskalten Berghütte steckt. Oder wie sie in einer Hotellobby heimlich im Vorbeigehen ein plüschiges Dekoschaf geklaut hat und wir es irgendwann in ihrem Körbchen gefunden haben. Oder wie sie es schaffte, in einem ziemlich schicken Hotel eine Maus auf dem Gang aufzustöbern und in wilder Jagd über den Hotelflur verfolgte. Oder, dass man manche Fehler zweimal machen muss, nämlich die Nase in ein Wespennest stecken. Oder der Mann in der U-Bahn, der die Notbremse ziehen wollte, weil ein Kind unseren Kampfhund streichelte. Oder der Tag, als sie Herrn Schiller in die Ohnmacht beförderte. Oder die Frau am Marienplatz, die den Tierschutz anrufen wollte, weil sie glaubte, wir hätten Naras schöne Rosenöhrchen abgeschnitten. Oder der Moment, an den sich auch eine japanische Reisegruppe erinnern wird, als Nara mich vor ihren Augen mit einem überraschenden Satz bäuchlings in eine Matschpfütze beförderte. Oder als der pubertierende Sohn unseres Hüttenvermieters die Karnickel im Garten frei ließ, um mal auszuprobieren, ob Nara tatsächlich ein Jagdhund ist – was sie übrigens tatsächlich war. Oder Naras Erkenntnis am Bodensee, dass ein Haufen Blätter nicht unbedingt bedeutet, dass da drunter Erde und kein Wasser ist. Oder als Nara im Spiel einem aufdringlichen Labrador in die Seite sprang und dieser den steilen Felsvorsprung an der Isar runterfiel (ist nix Schlimmes passiert)...
Das hat uns oft über die Schwierigkeiten des letzten halben Jahres hinweggeholfen. Da war sie unsere kleine klapprige Lady Gaga, die verwirrt in irgendwelchen Wohnungsecken feststeckte und befreit werden musste, regelmäßig höflich ihr Spiegelbild in der Wintergartenfensterscheibe begrüßte, in ihrer Fressucht auch vor Gretas Geburtstagkuchen, Imres Salzteigigel sowie zahlreichen Legosteinen nicht halt machte und uns zum Putzen gebracht hat.
Ach, wir sind so traurig, von den fünf Freunden sind nur noch vier übrig.
Kirsten, Kai, Imre und Greta – mit Nara im Herzen
veröffentlicht am 21. Oktober 2013 · alle Hunde von "In Erinnerung an..."
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